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#337 Mit der Verachtung der Welt umgehen

#337 Mit der Verachtung der Welt umgehen

January 20, 2017

F

Sehr geehrter Prof. Craig,

ich habe in meinem Einführungskurs für Philosophie zum ersten Mal von Ihnen gehört. Der Umfang Ihres kosmologischen Argumentes überraschte mich, denn er bestand aus weniger als einer Seite! Ihr Argument war das kürzeste und am meisten verachtete Argument in unserem Kurs. Mein Philosophieprofessor diskutierte es kurz und von diesem Augenblick an war ich von Argumenten für die Existenz Gottes total begeistert.

Jedenfalls habe ich Bücher von atheistischen Philosophen gelesen und mit atheistischen Philosophieprofessoren und atheistischen Freunden gesprochen. In den Büchern und Unterhaltungen habe ich festgestellt, dass Sie vermutlich der meistgehasste christliche Philosoph auf der Welt sind! Kein Scherz!

Wann immer ich Ihren Namen erwähne, sehe ich Gesichter voller Verachtung und extremem Hass. Da ich das auch in meinem Leben erfahren habe, wollte ich Sie fragen, wie Sie mit dem Gedanken umgehen, dass viele Sie für einen schwachköpfigen Philosophen und Narren halten, weil Sie an Christus glauben?

Hier kommen einige persönliche Fragen:Wer sind Ihre atheistischen Lieblingsphilosophen?

Was halten Sie von dem Gedanken, dass Atheisten und Christen nicht Freunde sein können?

Wer sind Ihre christlichen Lieblingsphilosophen, -theologen und -historiker?

Wie viele Sprachen sprechen Sie?

Gottes Segen,

Ein Philosophiestudent

United States

Prof. Craigs Antwort

A

Wow, „der meistgehasste christliche Philosoph auf der Welt!“ Das ist echt ein Etikett! Ich denke, das nächste Mal, wenn ich eine Vortragsverpflichtung habe, werde ich bitten, mit diesem Titel vorgestellt zu werden!

Mich freut es, dass der Angriff Ihres Professors auf die Argumente der natürlichen Theologie nur dazu diente, Ihr Interesse daran zu erhöhen! Weiter so! Seien Sie ein unabhängiger und mutiger Denker!

Ich wäre über die Verachtung von Menschen mehr besorgt, wenn sie auf guten Einwänden gegen die Argumente gründete. Aber ich stelle wiederholt fest, dass sie das nicht tut, und die Einwände, die den Anforderungen des Philosophiekurses 08-15 genügen, sind typischerweise einfach zu beantworten.

Angesichts der Verachtung, der Sie begegnen, würde ich Sie jedoch ermutigen, mich einfach nicht namentlich zu erwähnen, sondern nur die Argumente selbst zu diskutieren. Diese Argumente sind überhaupt nicht nur auf meinem Mist gewachsen, sondern werden von sehr prominenten Denkern sowohl der traditionellen als auch zeitgenössischen Szene verteidigt. Beispielsweise werden heute verschiedene Versionen des Argumentes der Kontingenz von Alexander Pruss, Timothy O’Connor, Stephen Davis, Robert Koons, Richard Swinburne und anderen vertreten. Das Argument aus der Feinabstimmung wird gekonnt von Robin Collins, John Leslie, Paul Davies, George Ellis, Michael Denton und anderen verteidigt. Die Schlüsselprämissen im moralischen Argument sind von Ethikern wie Robert Adams, William Alston, William Wainwright, Phillip Quinn, John Hare, Stephen Evans und anderen verteidigt worden. Das ontologische Argument ist von Alvin Plantinga, Robert Maydole, Brian Leftow und anderen neu formuliert und verteidigt worden. Wenn Ihre Professoren sich nicht mit der Arbeit dieser Männer auseinandersetzen und denken, dass heutzutage nur Inkompetente diese Argumente verteidigen, dann ist dies nur Ausdruck dafür, dass sie mit dieser Literatur nicht vertraut sind.

Um Ihre Frage jedoch direkt zu beantworten: Ich sage meinen Talbot-Studenten immer, dass man nicht wirklich bereit ist, von Gott gebraucht zu werden, solange man nicht gewillt ist, um Christi willen zum Narren gehalten zu werden. Paulus war mit dem Spott der Philosophen konfrontiert, die er in Athen traf (Apg 17), aber das hat ihn nicht abgeschreckt. Wir täten gut daran, seinem Beispiel zu folgen.

Jesus versicherte seinen Nachfolgern: „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen” (Mt 5,11). Ich bin zuversichtlich, dass diejenigen, die mich schmähen, damit die Unwahrheit sagen, und sei es nur aus dem Grund, weil Schwachköpfe nichts in The Journal of Philosophy veröffentlichen. So erfreue ich mich an den Segnungen Gottes.

Wer sind Ihre atheistischen Lieblingsphilosophen?

Ich ziehe es vor, nicht-theistische Philosophen anzuführen, da diese nicht wirklich Atheisten sind: Graham Oppy (der erschreckend schlau ist), J. Howard Sobel und Quentin Smith.

Was halten Sie von dem Gedanken, dass Atheisten und Christen keine Freunde sein können?

Obwohl solche Personen auf der tiefsten Ebene einen Mangel an Gemeinsamkeit hätten, was es unmöglich macht, seine bedeutsamsten Erlebnisse vollständig miteinander zu teilen, ist das immer noch nicht ein Hindernis dafür, gute Freunde zu sein, in dem Sinne wie wir normalerweise diese Worte gebrauchen. Selbst unter denen, die unsere tiefsten Überzeugungen teilen, würde ich sagen, dass wahrhaft tiefe Freundschaft selten ist.

Wer sind Ihre christlichen Lieblingsphilosophen, -theologen und –historiker?

Unter den Philosophen ragt Alvin Plantinga hervor. Ich habe ihm meine Trilogie über Gott und Zeit gewidmet, weil er ein Vorbild dafür darstellt, was es bedeutet, ein christlicher Philosoph zu sein. Ich habe nicht wirklich irgendwelche Lieblingstheologen, zumindest keine systematischen Theologen, denn bei den meisten von ihnen stelle ich fest, dass die philosophische Ausbildung fehlt, um eine wirklich gute Systematik zustande zu bringen. Was Historiker betrifft (im Unterschied zu Geschichtsphilosophen) bin ich am meisten mit neutestamentlichen Historikern vertraut. Hier würde ich Leute wie John Meier, Jimmy Dunn und Dale Allison mit einschließen.

Wie viele Sprachen sprechen Sie?

Ich spreche nur drei Sprachen: Englisch, Deutsch und Französisch und habe ein Leseverständnis des neutestamentlichen Griechisch und oberflächliche Kenntnisse von Latein. In Hebräisch war ich am Seminar sogar sehr gut, aber habe alles vergessen! Wer rastet, der rostet!

Alles Gute für Ihre Studien! Mögen Sie dazu beitragen, die Wiedergeburt der christlichen Philosophie in der nächsten Generation voranzutreiben!

(Übers.: B. Currlin)

Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/dealing-with-the-worlds-disdain

– William Lane Craig

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