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#339 Die Notwendigkeit Gottes und das kausale Prinzip auf Grundlage einer B-Theorie der Zeit

#339 Die Notwendigkeit Gottes und das kausale Prinzip auf Grundlage einer B-Theorie der Zeit

January 20, 2017

F

Sehr geehrter Prof. Craig,

in Frage #329 schreiben Sie: „…es ergibt keinen Sinn, sich zu fragen, "wenn Gott existiert, warum existiert er dann?" Diese Art von Rätselraten ist nur in Bezug auf ein Wesen angemessen, das kontingent existiert. Aber in Bezug auf ein notwendiges Wesen ist es so, als ob man die Frage stellt: "Warum sind alle Junggesellen unverheiratet?"

Ich tendiere dazu, Ihnen beizupflichten, dass dann, wenn man eine zeitlose oder B-Theorie der Zeit übernimmt, laut der alle Augenblicke der Zeit gleichermaßen real sind und zeitliches Werden eine Illusion des menschlichen Bewusstseins ist, das kosmologische Kalam-Argument, das auf dem Anfang des Universums gründet, nicht der springende Punkt ist …“

Ich habe Fragen zu beiden Argumenten, die Sie anführen: In Antwort auf Ihr erstes Argument in Bezug auf die göttliche Aseität scheint eine epistemologische Ungleichheit mit dem Junggesellen vorzuliegen, da ich einsehen kann, dass ein unverheirateter Junggeselle ein Fall von Selbstevidenz ist und somit verstehe ich die Notwendigkeit des Familienstandes eines Junggesellen.

Was Gott betrifft, so kann ich seine Notwendigkeit jedoch nicht in gleicher Weise einsehen. Ich zweifle nicht daran, dass er in der Tat notwendig ist, aber da ich seine Notwendigkeit nicht erkennen kann, kann ich sie nicht wirklich verstehen (selbst, wenn ich verstehe, dass es zutrifft, dass er notwendig ist). Anselm war der Überzeugung, wenn man wirklich versteht, was es bedeutet, Gott zu sein, dann versteht man, dass er existieren muss. Leider kann ich bis jetzt noch nicht verstehen, was es bedeutet, Gott zu sein und kann somit seine Notwendigkeit nicht erkennen.

Es scheint so, als ob notwendige Wahrheiten anhand ihrer Bedeutung erklärt werden. Somit sind Junggesellen aufgrund der Bedeutung des Junggesellentums notwendigerweise unverheiratet. Gleicherweise ist 2+2=4 aufgrund der Wertigkeit von 2 und 4 notwendigerweise wahr. So scheint es, als ob die Vorstellung von Gott in gleicher Weise seine Notwendigkeit beinhalte. Somit lautet meine Frage, inwiefern beinhaltet die Vorstellung von Gott in solcher Weise seine Notwendigkeit?

Eine Antwort, die auf der Hand liegt, lautet, dass der Aspekt von Gottes Natur, der seine Notwendigkeit beinhaltet, seine Aseität ist. Somit ist Gott aufgrund der Tatsache notwendig, dass er per definitionem ein notwendiges Wesen ist. Jedoch scheint dies nicht ausreichend zu sein, da „alle Junggesellen sind unverheiratet“ ebenso per definitionem wahr ist, aber lediglich zu behaupten, alle Junggesellen seien unverheiratet, ist keine Erklärung für die Notwendigkeit. Vielmehr sind Junggesellen notwendigerweise unverheiratet, weil das Junggesellentum Unverheiratetsein beinhaltet. Gleicherweise muss die Vorstellung von Gott irgendwie seine Existenz beinhalten, damit seine Existenz notwendig ist.

In seinem ontologischen Argument liefert Anselm ein Verständnismodell für Gottes Notwendigkeit, das auf der Vorstellung von Gott als dem größtmöglichen Wesen gründet, da für Anselm Gottes Größe seine Existenz beinhaltet. Welches Modell würden Sie vorschlagen, um zu erklären, dass Gottes Existenz notwendig ist?

Könnte man nicht in Antwort auf Ihre Zweifel gegenüber dem kosmologischen Kalam-Argument gegen eine B-Theorie der Zeit induktiv argumentieren, dass jede Entität mit einem Rand an der Früher-als-Richtung an diesem Rand eine kausale Beziehung mit einer anderen Entität hat (dies scheint nahezu mit der kausalen Prämisse äquivalent zu sein)?

Da es für jede Entität wahr ist, die wir in dieser Hinsicht untersuchen können, scheint es plausibel zu sein, dass es für jede Entität, die wir nicht untersuchen können, wenn die Entität einen Früher-als-Rand hat, dann sehr wahrscheinlich ist, dass sie eine kausale Beziehung mit einer anderen Entität an diesem Rand hat. Das Universum hat einen solchen Rand, daher ist es sehr wahrscheinlich, dass das Universum an diesem Rand eine kausale Beziehung mit einer anderen Entität hat. Könnte ein solches Argument funktionieren?

Danke für alle Ihre Arbeit, die sie tun,

Gottes Segen,

Rob

Australia

Prof. Craigs Antwort

A

Lassen Sie uns Ihre beiden Punkte nacheinander anschauen, Rob. Ihr erster Punkt ist eigentlich ein Einwand gegen das ontologische Argument, nicht gegen Gottes notwendige Existenz. Es ist eigentlich Thomas von Aquins Einwand gegen Anselms ontologisches Argument! Thomas von Aquin unterschied zwischen Behauptungen, die an sich selbstevident sind und Behauptungen, die für uns selbstevident sind. In Bezug auf die Behauptung, dass Gott existiert, schrieb Aquin:

„So sage ich also, dieser Satz, „Gott ist“, trägt, soweit es auf ihn allein ankommt, seine Evidenz in sich, … denn das Prädikat ist ein und dasselbe wie das Subjekt. Gott nämlich ist sein SEIN (…) Wir aber wissen nicht, was Gott seiner Natur nach sei; also ist der Satz, „Gott ist," mit Rücksicht auf uns nicht aus sich heraus klar. Vielmehr muss er für uns bewiesen werden durch das, was wohl für uns, wenn auch nicht an sich in seinem Wesen lichtvoller ist: nämlich durch die Geschöpfe.“ (Summe der Theologie, Questio 2, Articulus 1)

Im Gegensatz dazu können wir im Falle des Junggesellen, wie Sie sagen “erkennen, dass es selbstevident ist, dass ein Junggeselle unverheiratet ist“, da wir verstehen, dass es zu dem Begriff eines Junggesellen gehört, unverheiratet zu sein. Darum ist es nach Sicht Aquins, obwohl Gott existiert notwendig wahr ist, nicht für uns von sich selbst bekannt, dass es notwendigerweise wahr ist, da wir Gottes Sein nicht kennen, und somit versagt das ontologische Argument.

Nun, ob Sie dies nun für einen guten Einwand gegen das ontologische Argument halten oder nicht (ich tue es nicht), ist es, wie Thomas erkannte, für Gottes Aseität und notwendiges Sein irrelevant. Gottes notwendiges Sein hängt nicht davon ab, dass es für uns selbstevident ist. Genauso wie eine komplexe mathematische Gleichung notwendigerweise wahr sein mag, auch wenn wir sie nicht einmal verstehen können, so kann Gott existiert notwendigerweise wahr sein, obwohl es für uns nicht selbstevident ist. Somit trägt das Versagen des ontologischen Argumentes nichts dazu bei, Gottes notwendiges Sein zu untergraben.

Denken Sie nur nicht, dass alle notwendigen Wahrheiten lediglich per definitionem wahr sind. Ein Beispiel für notwendige Wahrheiten, die nicht definitionsgemäß sind, ist: Alles, was farbig ist, ist flächig. Nichts ist gleichzeitig ganz rot und ganz grün. Gold hat die Atomnummer 78. Meine Schuhe könnten nicht aus Stahl hergestellt worden sein. Kein Ereignis geht sich selbst voraus. Alles, was zu existieren beginnt, hat eine Ursache usw. Gleicherweise muss Gott existiert nicht per definitionem für wahr gehalten werden.

Ich stimme Anselm zu, dass Gott, als das größte denkbare Wesen, notwendige Existenz als eine essenzielle Eigenschaft besitzen muss. Denn notwendige Existenz ist eine Eigenschaft, die groß macht. Das impliziert, dass Gott, in jeder möglichen Welt, in der er existiert, die Eigenschaft der notwendigen Existenz besitzt.

Das führt uns zum ontologischen Argument zurück. Denn wenn Gott in jeder möglichen Welt notwendige Existenz besitzt, dann existiert er in jeder Welt, einschließlich der aktualen Welt. Wenn also Gottes Existenz auch nur möglich ist, dann muss er aktual existieren. Das eigentliche Problem für das ontologische Argument ist nicht, ob wir erkennen können, dass Gott notwendigerweise existiert, wie Aquin dachte, sondern ob wir erkennen können, dass Gott möglicherweise existiert.

Was Ihre zweite Frage betrifft: Obwohl ich mich an die A-Theorie der Zeit halte, gemäß der zeitliches Werden ein objektives Merkmal der Realität ist und die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ontologisch nicht gleich sind, bin ich dennoch froh, dass B-Theoretiker die kausale Prämisse des kosmologischen Kalam-Argumentes verteidigen wollen.

Ein Vertreter der B-Theorie sagte mir: “Wenn ein Pferd zu einer bestimmten Zeit t zu existieren beginnt, dann würde ein B-Theoretiker natürlich sagen, es muss einen Grund geben, der früher als t liegt, welcher erklärt, warum es (zeitlos) ein Pferd zum Zeitpunkt t gibt.“ Dies erscheint mir eminent vernünftig. Ihr induktives Argument würde eine gewisse Rechtfertigung dafür liefern, am kausalen Prinzip festzuhalten, obwohl es weit unter dem Niveau der metaphysischen Begründungen liegt, die der A-Theoretiker als Rechtfertigung des Prinzips bieten kann, nämlich dass etwas nicht aus dem Nichts ins Dasein kommen kann.

(Übers.: B. Currlin)

Link to the original article in English: http://www.reasonablefaith.org/gods-necessity-and-the-causal-principle-on-a-b-theory-of-time

– William Lane Craig

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